Er scheint ständig Applaus zu wollen. Der narzisstische Chef. Und mit diesem Verlangen macht er seinen Mitarbeitern das Leben zur Hölle. Scheinbar geht es immer nur um das Chef-Ego; die Sache selbst, die Aufgaben oder andere rücken in den Hintergrund. Es ist, als halte er sich für grandios. Für hochkompetent. Fehler machen vor allem die anderen. Er nie. Er erzählt allen, wie er beim Vorstand mit seinen Präsentationen brilliert. Wen er alles kennt. Manche Mitarbeiter haben den nachtragenden Zorn des Narzissten erlebt, mit dem er auf die leiseste Kritik reagiert.
Narzissmus ist auf den ersten Blick eine ungerechte Sache. Narzisstische Chefs scheinen sich großartig zu fühlen – gehen aber ihren Mitarbeitern ziemlich auf den Wecker. Doch: Auch der Narzisst leidet unter seiner Störung. Aus seinen markigen Worten spricht Unsicherheit. Hinter narzisstischem Verhalten stehen Ängste. Eigentlich hat der Narzisst ein sehr schwaches Selbstbild. Deshalb muss er sich ständig hervortun – auf Kosten anderer: „Mach andere klein! Dann biste selbst groß!“
In der Psychologie und im psychotherapeutischen Kontext spricht man von der Spielebene und der Motivebene. Mit der Spielebene meint man das sichtbare Verhalten Ihres Chefs im Arbeitsalltag. Viele Narzissten sind Großmeister auf dieser Spielebene. Wer hier gegen den narzisstischen Chef antritt, hat schlechte Karten und verstrickt sich hoffnungslos in diesem Spiel.
Aber es gibt da noch die zweite Ebene, die Motivebene. Da geht es um die psychologischen Motive. Auf der Motivebene sprechen wir wieder über die Ängste der Narzissten. Viele von ihnen haben Demütigungen erlebt, eine oft lange Leidensgeschichte. Ihnen geht es schlecht mit ihrem Narzissmus – und längst nicht so gut, wie es nach außen scheint.
Auf der Motivebene können Sie einem narzisstischen Chef beikommen. Bevor Sie mit Ihrem narzisstischen Chef etwas Wichtiges besprechen – geben Sie seinem geschundenen Selbst ein paar Streicheleinheiten. Ein positives Feedback über seine Führung beispielsweise, ein wertschätzendes Wort darüber, dass er Sie unterstützt. Danach ist auch Ihr Chef soweit, mit Ihnen konstruktiv über Ihre Angelegenheiten zu reden. //OS