„Da hab gerade keine Lust zu!“. Kennt man. Da bleiben Aufgaben halt liegen. Manchmal so lange, bis sie wirklich anbrennen. Aufschieberitis. Der gelbe Haftnotiz mit „Steuerklärung machen!“ klebt schon gar nicht mehr, so häufig haben wir ihn von rechts nach links gehängt. Also endlich den Kram machen! Doch statt die Belege zu ordnen, Tabellen zu schreiben und Formulare auszufüllen – wieder verplempern wir einen Abend damit, am Rechner zwischen Online-Shops und Herz-Schmerz-Serien zu switchen. Am Ende haben wir weder den Abend genossen, noch die Steuererklärung erledigt. Aufschieberitis ist freudlos.
Wenn das „Nicht ins tun kommen“ in bestimmten Lebensbereichen zur Regel wird, eine deutlich andere Qualität als eine gelegentliche „Keinen Bock!“-Einstellung bekommt und ein Ausmaß annimmt, welches Leiden beim Betroffenen erzeugt, spricht man von Prokrastination. Prokrastination ist, der intuitiven Bewertung solchen Verhaltens zuwiderlaufend, anstrengend. Sie erzeugt Stress und führt nicht selten zu depressiven Symptomen. Kurz gesagt: Prokrastination kann sehr unglücklich machen.
Prokrastination ist nicht mit Faulheit zu verwechseln. Dies erleben wir in unserer Praxis für Psychotherapie in Bonn immer wieder. Viele der Menschen, die darunter leiden sind sehr pflichtbewusst und zielstrebig. Trotzdem kommt ihnen etwas in die Quere, wenn sie bestimmte Aufgaben erledigen müssen. Was genau ist das?
Erstens: Perfektionismus. Perfektionisten haben Angst davor, (schlecht) bewertet zu werden – von sich oder von anderen. Der Gedanke, dass etwas an ihren Arbeitsergebnissen nicht stimmen könnte, quält sie. Was liegt da näher, als erst gar erst nicht anzufangen? Die klassische Vermeidungstaktik. Der Perfektionist muss lernen, mit seinen Ansprüchen an sich selbst besser umzugehen: Wie gut muss das Ergebnis wirklich sein, damit es gut genug ist? Was wird eigentlich erwartet? Wo sind die Grenzen für Perfektion?
Zweitens: Mangelnde Strukturierung. Manche Menschen tun sich schwer damit, sich zu strukturieren. Sie können eine große Aufgabe (etwa eine Diplomarbeit) nicht in kleine, überschaubare Teilschritte aufzugliedern. Ihnen hilft Unterstützung bei der Strukturierung. Beispielsweise, die große Steuererklärung in kleine Schritte herunterzubrechen: Heute vor dem Abendessen eine halbe Stunde Belege zusammensuchen, morgen eine halbe Stunde die Unterlagen chronologisch ordnen und abheften, übermorgen eine Stunde lang die Formulare ausfüllen. Klare Zeitangaben mit Anfang und Ende. Alles gut eingebettet in die individuelle Tagesstruktur.
Drittens: Der Sinn in der Arbeit. Ein Student muss eine Hausaufgabe in Germanistik schreiben. Irgendein entlegenes Thema. Der Student sieht keinen Sinn in dieser Aufgabe – weil es vielleicht keinen gibt. Was tun? Manchmal hilft radikale Akzeptanz (ähnlich, wie mit der Steuererklärung: Nicht hadern, sondern machen!). Manchmal hilft Ausgleich, etwa durch ein sinnvolles Hobby oder Freizeit mit Freunden. Manchmal hilft ein Perspektivenwechsel: Vielleicht ist doch jemandem mit dem Arbeitsergebnis gedient.
Viertens: Der Last-Minute-Performer. Einige schieben ihre Aufgaben bis zum letzten Termin auf. Dann brennt die Sache an, und genau diesen Zeitdruck brauchen diese Menschen: Nachts um vier Uhr vor dem Abgabetermin laufen sie zur Höchstform auf. So weit, so gut. Ihr Problem aber ist: Sie können die Zeit nicht genießen, in der sie sich etwa um die Erledigung der Steuererklärung drücken. Sie quälen sich mit einem schlechten Gewissen, anstatt die Akzeptanz dafür zu bilden, dass man ein Last-Minute-Performer ist. Sich damit einrichten, dass manche Arbeiten auf dem letzten Drücker am besten gelingen. Und die Zeit vorher unbeschwert genießen lernen. Die Kognitive Verhaltenstherapie kann auf dem Weg dorthin einen wertvollen, unterstützenden Beitrag leisten. In unserer Privatpraxis für Psychotherapie in Bonn gehen wir auch diese Thema gerne mit Ihnen gemeinsam an.